Einordnung in Epoche: Die vorliegende Puppe wurde Anfang der 1930er Jahre hergestellt. Zu einer Zeit, in der
noch über 90% der Spielwarenprodukte in Deutschland produziert wurden.
Aufgrund der Bemalung und des Körperschnitts muss die vorliegende Puppe zwischen 1930 und
1932 entstanden sein. Angaben über den Hersteller: https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4the_Kruse
Angeregt von ihrem Ehemann Max, der für seine Kinder keine der gängigen Puppen kaufen
wollte, begann Käthe Kruse in Ascona, erste Puppen für ihre Töchter selbst herzustellen.
Auf die ersten fast primitiven Versuche mit einer Kartoffel und einem mit Sand gefüllten
Stück Stoff folgten langsam ansprechende Puppengeschöpfe. Auf der Durchreise nach Berlin
erwarb sie in der Stuckgießerei Felix Martinelli & Co. in München den Abguss einer
Kinderbüste (vgl. Bild Z1) von Fiamingo, Francois Duquesnoy, einem Barockbildhauer
(1594-1643). Dieses neuerworbene Köpfchen wurde nun Vorbild für ihre Puppengesichter. Sie
entwickelte diese immer weiter und experimentierte mit verschiedenen Kopfzuschnitten und
Körpernähten. Als ihre Puppen endlich ihren Vorstellungen entsprachen, stellte Käthe
Kruse sie 1910 in der Ausstellung „Spielzeug aus eigener Hand“ im Kaufhaus Hermann Tietz
(dem heutigen KaDeWe) in Berlin vor. Nachdem die Firma Kämmer und Reinhardt für kurze
Zeit ihre Puppen in Lizenz hergestellt hatte, diese Modelle aber keinen Anklang gefunden
hatten, beschloss Käthe Kruse, die Produktion ihrer Puppen in die eigene Hand zu nehmen.
Ihre serielle Produktion begann sie mit einem Großauftrag von 150 Puppen für einen
amerikanischen Großhändler. Herstellungstechnik: Modell 'Puppe VIII' so genanntes 'Deutsches Kind', herg. 1930-1932. Feingeknüpfte,
blonde Echthaarperücke, blaue gemalte Augen mit Strahleniris. Kurbelkopf mit Nessel
bezogen, Nähte in den Mundwinkeln und eine Hinterkopfnaht. Nesselkörper mit kreisrundem
Halslatz. Locker angenähte Arme mit Ellbogennaht. Mit Scheibengelenken befestigte Beine
mit einer Naht und zusätzlicher Knienaht. Ca. 52 cm. Zusatzinformation: Käthe Kruse erhielt 1928 den Auftrag, eine kleine Puppengruppe zu dekorieren. Diese
Puppenkinder sollten verschiedene Nationalitäten darstellen. Für das „deutsche“ Kind
bildete sie mittels einer neuen Puppe das Gemälde von Julius Hübner „Das deutsche Kind“
nach. Dieses neue Puppengesicht war einer Büste nachempfunden, die Igor von Jakimow nach
ihrem Sohn Friedebald modelliert hatte. Um dem Originalbild von Hübner gerecht zu werden,
musste diese Puppe nun auch Haare bekommen. Mit einem befreundeten Maskenbildner
entwickelte Käthe Kruse eine auf dünner Gaze in vielen Knoten handgeknüpfte Perücke, die
sehr natürlich wirkte. Diese zuerst nur zu Dekorationszwecken erdachte Puppe wurde ab
1929 ins Programm der Werkstätten aufgenommen und ist bis heute ein großer Erfolg.
Die ersten Puppen wurden noch hergestellt wie die Puppe I. Die Gesichtsmaske überzog man
mit Stoff, nur die vordere Gesichtshälfte wurde bemalt und das Köpfchen fest auf dem
Stoffkörper angenäht. Diese Puppen mit fest angenähtem Kopf waren vermutlich nur als
Musterpuppen für Katalog- bzw. Postkartenabbildungen gedacht.
Um die Herstellung des Kopfes für die Serienproduktion zu vereinfachen, wurde die
Originalbüste verkleinert und ein Puppenkopf aus dünnem Blech geformt. Man beschnitt
diese Büste unterhalb des Halses, beklebte die so entstandenen scharfen Kanten mit Stoff
und überzog nun den ganzen Kopf mit Nessel. Vorher wurden im Stoffbezug mit der
Nähmaschine zwei Nähte gemacht, die von den Mundwinkeln abwärts zum Hals verliefen.
Einige Köpfe überzog man mit Baumwolltrikot; hier waren wegen der besseren Dehnbarkeit
des Trikot keine Nähte in den Mundwinkeln notwendig; am Hinterkopf verblieb eine
Handnaht. Dieser Stoffkopf wurde nun dünn mit Ölfarbe bemalt. Er wurde anschließend bei
Puppe VIII mit Hilfe eines halbrunden Halslappens am Rücken, bei Puppe IX mit einem
kreisrunden Halslatz fest und unbeweglich, wie bei Brustblattpuppen üblich, auf den
Körper montiert. Diese nur bis ungefähr 1930 hergestellten Köpfe sind besonders
ausdruckvoll in ihrer Modellierung und sehr zart bemalt. Zu Beginn gab es wenige
Exemplare, die einen herzförmigen Mund aufwiesen; für die Serienproduktion aber wurde ein
kreisrunder Mund gewählt.
Ab 1930 gab es für dieses Puppenmodell einen patentierten Kurbelkopf. Dieser aus zwei
Teilen geprägte Kopf wurde komplett mit Nesselstoff bezogen und mittels eines
Metallsplintes und mehrerer Pappscheiben beweglich am Körper montiert. Auch hier sind
feine Nähte vom Mundwinkel ausgehend und eine Hinterkopf zu erkennen. Ab Mitte der 40er
Jahre wurde dieses Verfahren vereinfacht und ein Pappkurbelkopf mit Stoff überzogen,
beschichtet und mit Ölfarbe bemalt. Hierbei verlor das Gesicht allerdings etwas von
seiner ausdrucksvollen Modellierung. Die Nasen- und Kinnpartie wurde breiter und die
Nähte in den Mundwinkeln verschwanden; die Hinterkopfnaht ist durch die stärkere
Beschichtung kaum noch zu erkennen.
Das deutsche Kind wird in zwei Größen angeboten. In 52 cm Größe, Puppe VIII (das deutsche
Kind), und in 35 cm, Puppe IX (das kleine deutsche Kind). In den beiden ersten Jahren
ihrer Herstellung erhielt die Puppe IX eine handgeknüpfte Mohairperücke. Später wurde wie
bei der Puppe VIII nur noch menschliches Echthaar für die Perücke verwendet. Der
Stoffkörper beider Modelle war aus Nessel gearbeitet und entsprach der Silhouette eines
fünf bis sechs Jahre alten Kindes. Die Arme waren locker angenäht und die Beine mit
Scheibengelenken am Rumpf befestigt. Bis ca. 1932 blieben die Arme mittels Nähten in den
Ellenbogen und die Beine durch Abnäher in den Knien noch stark abgewinkelt. Hierdurch
erscheinen die Puppen VIII z.B. nur etwa 48 cm groß. Ab 1932 vereinfachte man den
Körperschnitt, die Glieder wurden fast gerade und die Puppe war nun der
Katalogbeschreibung entsprechend ca. 52 cm groß.
Profi-Tipps: Die Gesichtsbemalung der Puppe ist berieben, der Körper teilweise stärker angeschmutzt,
die Perücke in einem leidlichen Zustand. Originalkleidung und Schuhe werten die Puppe
hingegen auf. Literatur-Tipps: https://www.alles-rund-ums-hobby.de/puppen/buecher/97/kaethe-kruse-puppen-katalog-und-preisfuehrer?c=28
Marktlage: Alle Angaben erfolgen vorbehaltlich einer professionellen ′Ausleuchtung′ der Puppe, d.h.
spätere Übermalungen sind auf Fotos nicht erkennbar mindern aber den Preis.
Aktuell schrumpft der Markt für antike Sammlerpuppen, jedoch Puppen von Käthe Kruse sind
relativ preisstabil. Preis: Als marktüblicher Preis, der innerhalb der nächsten sechs Monate beim Verkauf an einen privaten Endverbraucher zu erzielen ist, schätze ich dieses Objekt auf 1.400-1.600,- €
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